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Donnerstag, 28. Juli 2011

Verlust historischer Wetterdaten erschwert Klimaforschung

Daten, Daten, Daten: Für Klimaforscher sind Messwerte der größte Schatz. Doch eine neue Studie zeigt, dass 80 Prozent der weltweit jemals gesammelten Wetterinformationen bis heute nicht digitalisiert sind - und teilweise vom Zerfall bedroht.

Norwich - Nichts ist für die Klimaforschung wichtiger als Daten. Doch nur 20 Prozent aller weltweit gesammelten Wetteraufzeichnungen sind der Wissenschaftlergemeinschaft zugänglich. Das hat die Studie einer spanischen Forschergruppe ergeben. Die restlichen 80 Prozent der unersetzlichen Informationen seien nicht digitalisiert, berichten Manola Brunet von der Universitat Rovira i Virgili in Spanien und Phil Jones von der University of East Anglia in Großbritannien im Fachmagazin "Climate Research".

Es drohe der Verlust wertvoller, über Jahrhunderte hinweg gesammelter Daten, warnen die Forscher. Trotz ausdrücklicher Empfehlung der World Meteorological Organization (WMO) würden viele Länder ihre historischen Wetterarchive weder für die Forschung noch für eine Übertragung in haltbarere Formate öffnen.

Nach Einschätzung der Wissenschaftler gefährdet diese Praxis auch die Vorhersage von Wetterextremen und Klimaveränderungen. "Das Unvermögen, die Botschaften der Klimaaufzeichnungen der Vergangenheit zu entziffern, wird auch zu sozioökonomischen Folgen führen. Denn wir werden dadurch unfähig, mit gegenwärtigen und zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels und einer wärmeren Welt zurecht zu kommen", sagt Brunet.

Nach Ansicht der Forscher sollte die Uno eine Resolution verabschieden, die dazu beiträgt, die bisher bestehenden juristischen und politischen Hürden für eine Datenrettung und Digitalisierung zu überwinden.

Datenbestände aus dem 17. Jahrhundert

Wetterdienste in allen Ländern der Welt sitzen auf ganzen Archiven voller Beobachtungsdaten. In Europa reichen diese zurück bis ins im 17. Jahrhundert. Doch um diese nur auf Papier erfassten Informationen Wissenschaftlern in aller Welt zugänglich zu machen und sie vor dem Zerfall zu retten, müssen sie digitalisiert werden.

Dafür sei aber meist kein Geld da, beklagen die Forscher. Der Fokus liege in vielen Ländern nur auf der kurzfristigen Wettervorhersage, die auch ohne umfangreiche historische Datenauswertung auskomme. Eine löbliche Ausnahme mit etablierten Programmen zur Datenrettung und Umwandlung in digitale Formate bildeten einige europäische Länder, darunter auch Deutschland, sowie die USA und Kanada. "Es waren diese Maßnahmen, die es ermöglichten, die Hitzewelle des Jahres 2010 in Osteuropa und Russland klimatologisch zu erklären und in einen Kontext zu bringen", sagen die Wissenschaftler.

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Wenn es Zugang zu allen historischen Daten gäbe, könnten Klimaforscher die Häufigkeit, mit der solche Phänomene in Zukunft auftreten, mit weitaus höherer Treffsicherheit vorhersagen.

Die von der WMO empfohlenen und bisher nur in Nordamerika und Europa durchgeführten Maßnahmen zur integrierten Datenrettung (DARE) umfassen die Übertragung der Wetterdaten in Datenbanken - mit allen Fehlern. Zu Kontrollzwecken werden die Originalblätter für den späteren Abgleich fotografiert. Erst dann erfolgt eine Qualitätskontrolle der Daten und eine mögliche Korrektur beispielsweise von Schreibfehlern und Zahlendrehern.

"Diese DARE-Maßnahmen schulden wir auch der mühseligen Arbeit der Wetterbeobachter vergangener Zeiten, die den Zustand unserer Atmosphäre gewissenhaft und konsequent gemessen und notiert haben", sagt Brunet. Es müsse sichergestellt werden, dass diese atmosphärischen Beobachtungen nicht für immer verloren gehen.

cib/dapd

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,776969,00.html
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